Hauptseminare Sommersemester 2021

Hinweis: Die Zugehörigkeit der Lehrveranstaltungen zu den einzelnen Modulen des B.A.-Studiengangs Komparatistik/Europäische Literatur, des M.A.-Studiengangs Komparatistik und des M.A.-Studiengangs Weltliteratur ist durch Kurztitel der Module nach den Lehrveranstaltungstitel angegeben.

Sommersemester 2021

 

HS Literatur und Ethnizität: Gibt es eine "schwarze Literaur"? (MA Modul Vergleichende Europäische Literaturgeschichte)

W. Eckel

2-std., Do, 10 – 12 Uhr, HS 13

Beginn: 15. April 2021

Am Anfang der schwarzen Aufbruchsbewegungen in Literatur und Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand die Forderung einer dezidiert „schwarzen Kunst“: Ein begabter Schwarzer, der einfach nur versuche, ein Dichter zu sein, verfolge unbewusst den Wunsch, wie ein weißer Dichter, ja ein Weißer zu sein. Es komme aber darauf an, ein schwarzer Dichter („a Negro poet“) zu sein – so Langston Hughes, eine der wichtigsten Stimmen der sog. Harlem Renaissance in „The Negro Artist and the Racial Mountain“ (1926). Ähnliche Vorstellungen fanden sich wenig später im Kontext der französischsprachigen Négritude-Bewegung um Léopold Sédar Senghor, Aimé Césaire und Léon Gontran Damas.
In jüngerer Zeit mehren sich dagegen die Stimmen, die schwarze Autoren und Autorinnen von der Bürde, für das Kollektiv der Schwarzen sprechen zu müssen, entlasten wollen: „Nothing makes the work of any individual black writer a matter for the ,race‘ as a whole“, schreibt Kenneth W. Warren 2011 in What was African American Literature? Ähnliche Auffassungen finden sich bei den afrikanischen Autorinnen Taiye Selasi oder Chimamanda Ngozi Adichie. Gegensätzliche Positionen gelten heute oft als Indiz für einen kollektivistischen Essentialismus oder gar als spiegelbildliche Replikation des weißen Rassismus. Von „Postblack Aesthetics“ ist die Rede.
Was genau meint der Begriff der „schwarzen Literatur“? Welche inhaltlichen, formalen oder sprachlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen Text als Ausdruck schwarzer Identität lesen zu können? Welche Rolle spielt der soziale Kontext? Unterscheiden sich Texte gegenwärtiger schwarzer AutorInnen von solchen der 1920er und 30er Jahre?
Zur Diskussion stehen Texte schwarzer Autorinnen und Autoren aus Amerika, Afrika und Europa. Auch die Literatur schwarzer deutschsprachiger AutorInnen soll mit einbezogen werden.
G. Balandrier, „La littérature noire de langue française“, in: Présence Africaine 8/9 (1950), S. 393-402; Jean-Pierre Makouta-Mboukou / Nicolas Atanga, Introduction à la littérature noire, Yaoudé 1970; Berndt Ostendorf, Black Literature in White America, Sussex 1982; Henry Louis Gates (Hg.), Black Literature and Literary Theory, New York 1984; Houston A. Baker Jr., Afro-American Poetics. Revisions of Harlem and the Black Aesthetic, Madison, London 1988; Kenneth W. Warren, What was African American Literature?, Cambridge, Mass. 2011; Lovalerie King / Shirley Moody-Turner (Hg.), Contemporary African American Literature. The Living Canon, Bloomington 2013; Christian Schmidt, Postblack Aesthetics. The Freedom to Be Black in Contemporary African American Fiction, Heidelberg 2017.