Proseminare und Seminare Sommersemester 2021

Hinweis: Die Zugehörigkeit der Lehrveranstaltungen zu den einzelnen Modulen des B.A.-Studiengangs Komparatistik/Europäische Literatur, des M.A.-Studiengangs Komparatistik und des M.A.-Studiengangs Weltliteratur ist durch Kurztitel der Module nach den Lehrveranstaltungstitel angegeben.

Sommersemester 2021

PROSEMINARE

PrS Einführung in die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (BA Modul Einführung)

J. Heß

2-std., Do, 14 – 16 Uhr, HS 11

Beginn: 15. April 2021

Die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft bildet die theoretische und methodologische Grundlage für das Studium der europäischen Literatur. Das Seminar bietet eine Einführung in die für dieses Studium grundlegenden Fragestellungen und Themengebiete. Hierzu gehören u.a. Grundlagen der Textanalyse und des Vergleichs, die Unterscheidung literarischer Gattungen, die Erforschung der Beziehungen zwischen Texten (Intertextualität) sowie Übersetzungsvergleich und Übersetzungstheorie. In diesen Untersuchungsgebieten werden anhand der Lektüre und Untersuchung ausgewählter Textbeispiele aus der europäischen Literatur Grundkenntnisse vermittelt, die im Laufe des Studiums vertieft werden.

 

PrS Einführung in literaturwissenschaftliches Arbeiten (BA Modul Einführung)

A. Reifenberger

2-std., Mo, 16 – 18 Uhr, SB II 03-144

Beginn: 12. April 2021

Im Seminar werden grundlegende Kenntnisse zum „Handwerkszeug“ der Literaturwissenschaft vermittelt. Hierzu gehören: Aufbau und Funktion unterschiedlicher Editionen von literarischen Texten, Umgang mit Nachschlagewerken und Handbüchern, Auffinden (Bibliographieren) und Verwenden (Zitieren) von wissenschaftlicher Literatur zu einem Thema, Einführung in wissenschaftliche und literarische Zeitschriften, Einführung in die schriftliche (Hausarbeit) und mündliche (Referat) Präsentation der Ergebnisse literaturwissenschaftlicher Untersuchungen. Die gesamten Themenbereiche werden am Beispiel klassischer Texte der europäischen Literatur erarbeitet und konkretisiert.

 

PrS Grundbegriffe der Textanalyse (BA Modul Grundbegriffe)  

A. Zehler

2-std., Di, 10 – 12 Uhr, P 4

Beginn: 12. April 2021

Die Grundlage jeder wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Literatur ist die Analyse literarischer Texte. Unterschiedliche Gattungen erfordern dabei spezifische, auf die jeweilige Textsorte abgestimmte Instrumentarien. In der Literaturwissenschaft wurden für die drei Großgattungen Lyrik, Drama, Erzählen jeweils eigene Analyse- und Beschreibungskategorien entwickelt. Im Seminar wird ein Überblick über die unterschiedlichen Beschreibungskategorien für die Analyse von lyrischen, dramatischen und erzählenden Texten in vergleichender Perspektive am Beispiel klassischer Texte der europäischen Literatur erarbeitet.

 

PrS Literaturwissenschaftliche Modelle und Methoden (BA Modul Grundbegriffe)  

W. Eckel

2-std., Di, 12 – 14 Uhr, P 5

Beginn: 13. April 2021

Literarische Texte können nach verschiedenen theoretischen Vorgaben und Methoden interpretiert und eingeordnet werden. Diese literaturwissenschaftlichen Methoden und ihr theoretischer Hintergrund (bspw. Hermeneutik, Rezeptionsästhetik, Formalismus, Psychoanalyse, Strukturalismus, Poststrukturalismus, Marxismus, Gender Studies, usw.) sollen im Seminar eingehend behandelt, erprobt und diskutiert werden. Dies geschieht anhand ausgewählter literarischer Beispieltexte, die von verschiedenen Theoretikern mit unterschiedlichen Methoden untersucht und interpretiert wurden. Ziel des Seminars ist eine gute Kenntnis der verschiedenen Untersuchungsmodelle sowie die Fähigkeit, ihre Anwendbarkeit kritisch einschätzen zu können.

 

PrS Gattungstheorie (BA Modul Literaturtheorie)

M. Wiesmann

2-std., Di, 16 – 18 Uhr, SB II 03-153

Beginn: 15. April 2021

Die Einteilung in Gattungen ist beim Umgang mit literarischen Texten omnipräsent und unverzichtbar. Gattungseinteilungen werden dabei auf verschiedenen Abstraktionsebenen und nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen. Gattungen werden gesehen als allgemeine Wesensbestimmungen von Dichtung (Epik, Lyrik, Drama), als transmediale Strukturen oder Verfahren (das Komische, die Parodie), als mehr oder weniger eng bestimmte Textgruppen nach formalen (Briefroman, Sonett), inhaltlichen (Bildungsroman, Dokumentardrama) oder funktionalen (Unterhaltungsliteratur, didaktische Literatur) Kriterien, als historisch begrenzte Textsorten (antike Tragödie, bürgerliches Trauerspiel). Versuche der theoretischen Erläuterung solcher Gattungseinteilungen zeigen, dass sich hinter dem Begriff der literarischen Gattung ein komplexes Feld (grundlegender) literaturwissenschaftlicher Fragestellungen verbirgt. Im Seminar werden die verschiedenen Konzepte von literarischer Gattung durch Lektüre und Diskussion einschlägiger theoretischer Texte nachvollzogen. Dabei geht es sowohl um den literaturtheoretischen Hintergrund von Gattungseinteilungen, wie auch um den praktischen Umgang mit Gattungsbegriffen bei der Analyse und Interpretation literarischer Texte.
Zur vorbereitenden Lektüre hilfreich: Rüdiger Zymner: Gattungstheorie. Paderborn 2003.

 

PrS Internationalität (Lektürekurs) (BA Modul Internationalität)

F. Rauh

2-std., Mi, 14 – 16 Uhr, SB II 03-144

Beginn: 14. April 2021

Zum Studium der Komparatistik gehört eine möglichst breite Kenntnis der europäischen Weltliteratur, insbesondere ihrer kanonischen Texte. Ziel des Lektürekurses ist es, solche Klassiker der europäischen Weltliteratur intensiv zu lesen und sie insbesondere im Hinblick auf ihre intertextuellen Bezüge und Wirkungen zu diskutieren. Im Mittelpunkt stehen einige ausgewählte Werke sämtlicher Gattungen und Epochen, die der Mainzer Leseliste für Komparatisten und Komparatistinnen entnommen wurden (vgl. Dieter Lamping; Frank Zipfel: Was sollen Komparatisten lesen?).
Folgende Texte werden in dieser Reihenfolge behandelt:
• Homer: Odyssee
• Giovanni Boccaccio: Il Decamerone (Das Dekameron) (Auszüge)
• William Shakespeare: Hamlet
• Pedro Calderón de la Barca: La vida es sueño (Das Leben ist Traum)
• Jean Racine: Phèdre (Phädra)
• Emily Brontë: Wuthering Heights (Sturmhöhe)
• Gustave Flaubert: Madame Bovary
• Joseph Conrad: Heart of Darkness (Herz der Finsternis)
• Franz Kafka: Der Proceß
• Virginia Woolf: Mrs Dalloway
• Samuel Beckett: En attendant Godot/Waiting for Godot (Warten auf Godot)
Da während des Semesters die Zeit für die Lektüre längerer Texte knapp werden kann, sollten diese (zum Teil) bereits in den Semesterferien gelesen werden, insbesondere Homer, Brontë, Flaubert und Kafka.

 

SEMINARE

S Fiktionstheorie (BA Modul Literaturtheorie)

Ph. Jakob

2-std., Mo, 16 – 18 Uhr, P 4

Beginn: 12. April 2021

J. Heß

2-std., Di, 10 – 12 Uhr, P 4

Beginn: 13. April 2021

Fiktion ist ein zentraler Terminus der internationalen Literaturtheorie. Grundsätzlich wird mit Fiktion die Tatsache bezeichnet, dass literarische (Erzähl-) Texte zumeist von erfundenen, nicht-wirklichen Figuren, Gegenständen und Ereignissen handeln. Darauf aufbauend kann Fiktion je nach Theoriekonzept als spezifische Besonderheit der Produktion, Rezeption, Sprachverwendung oder Erzählweise literarischer Texte erläutert werden. Im Seminar werden anhand der Lektüre repräsentativer Textbeispiele unterschiedliche Ansätze einer Theorie der Fiktion vorgestellt, analysiert und diskutiert sowie ihre vielfältigen Berührungspunkte mit anderen grundlegenden Themenfeldern theoretischer und praktischer Literaturwissenschaft, wie allgemeine Literaturtheorie, Erzähltheorie, Gattungstheorie, Textanalyse und -interpretation untersucht.
Für erste Einblicke in die Problematik empfohlene Lektüre: Rühling, Lutz: „Fiktionalität und Poetizität“, in: Arnold, Heinz Ludwig/ Detering, Heinrich (Hg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft. München 1996, 25-51; Gabriel, Gottfried: „Fiktion“, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Gemeinsam mit Harald Fricke, Klaus Grubmüller und Jan-Dirk Müller herausgegeben von Klaus Weimar. Band I. Berlin/New York 1997, 594-598.

 

S Imagination des Orients (BA Modul Vergleichende Europäische Literaturgeschichte)

W. Eckel

2-std., Di, 16 – 18 Uhr, SB II 02-146

Beginn: 13. April 2021

Damit das Wort „Orient“ seine volle Wirkung entfalten könne, meinte Paul Valéry 1938, dürfe man vor allem niemals in der durch es vage bezeichneten Gegend gewesen sein. Der Orient, bestätigt der palästinensisch-amerikanische Literaturwissenschaftler Edward Said in seinem kontrovers diskutierten Buch „Orientalism“ (1978), ist nichts als eine Erfindung des Westens – allerdings nicht ohne Folgen in der Wirklichkeit: Die Fiktion habe dem Westen zu einer überlegenen Selbstdefinition verholfen, die ihrerseits zur Rechtfertigung des europäischen Kolonialismus gedient habe. Dass zumindest der deutsche Sprachraum lange von einem ganz „anderen Orientalismus“ gekennzeichnet gewesen sei, der Ost und West als Kulturen auf Augenhöhe begriffen habe, ist dagegen die These der Germanistin Andrea Polaschegg. Interkultureller Austausch und wechselseitige Spiegelungen seien Kennzeichen dieses Orientalismus.
Im Blick auf ausgewählte literarische Texte von Goethe („West-östlicher Divan“), Nerval („Voyage en Orient“), Flaubert („Salammbô“), George („Algabal“), Mirbeau („Le Jardin des supplices“), Lasker-Schüler („Der Malik“), Canetti („Die Stimmen von Marrakesch“) u.a. soll der Reichweite dieser Thesen nachgegangen werden und sollen Grundmerkmale des literarischen Orientalismus rekonstruiert werden.
Edward Said: Orientalism. Western Conceptions of the Orient, London 1978, With a New Afterword 2003; Andrea Polaschegg: Der andere Orientalismus. Regeln deutsch-morgenländischer Imagination im 19. Jahrhundert, Berlin, New York 2005; Michael Bernsen/ Martin Neumann (Hg.): Die französische Literatur des 19. Jahrhunderts und der Orientalismus, Tübingen 2006; Charis Goer/ Michael Hofmann (Hg.): Der Deutschen Morgenland. Bilder des Orients in der deutschen Literatur und Kultur von 1770 bis 1850, München 2007; Klaus-Werner Haupt: Okzident & Orient. Die Faszination des Orients im langen 19. Jahrhundert, Weimar 2015; Geoffrey P. Nash (Hg.): Orientalism and Literature, Cambridge 2019.

 

S Gegenwartsliteratur und Gegenwärtigkeit (BA Modul Vergleichende Europäische Literaturgeschichte)

S. Seiler

2-std., Fr, 14 – 16 Uhr, SB II 01-525

Beginn: 16. April 2021

Muss Gegenwartsliteratur zwangsläufig die Gegenwart reflektieren? Und wenn dies der Fall ist: Sollten diese Bezüge zum „absoluten Jetzt“ (Rainald Goetz) auch eindeutig dechiffrierbar sein? Oder kann, ja, muss man Literatur gerade in unserem Zeitalter digitaler (und damit unmittelbarer) Kommunikationsformen vielleicht doch eher als etwas Zeitloses betrachten, als Kunstform also, die sich von der Darstellung der unmittelbaren Gegenwart abkoppelt und mittels des Erschaffens fiktiver Welten jene Zeitlosigkeit stets zu suggerieren sucht? Und verlieren literarische Texte nicht gerade durch den unmittelbaren Zeitbezug ihre langfristige künstlerische Aussagekraft?
Diesen und anderen verwandten Fragestellungen im Spannungsfeld von Gegenwärtigkeit und Zeitlosigkeit soll im Seminar anhand der Lektüre nicht nur mehrerer Gegenwartstexte nachgegangen werden, sondern auch anhand des Blicks auf ältere Romane, deren Zeitbezug für gegenwärtige Leser mitunter verloren gegangen scheint.
Interessant sind hierbei vor allem Texte, die einerseits zwar Gegenwärtigkeit suggerieren, andererseits diese bewusst versuchen zu umschiffen und damit die Frage aufwerfen, ob nicht auch der Leser, im Sinne von Borges‘ Pierre Menard, dem Text immer wieder seine eigene, subjektive Gegenwart überstreift.
Eine Literaturliste wird in der vorlesungsfreien Zeit zur Verfügung gestellt.

 

S Seminar zu praktischen Aspekten der Literaturvermittlung (BA Modul Literaturvermittlung)

S. Seiler

2-std., Di 10 – 12, P 10

Beginn: 13. April 2021

Das Seminar stellt den zweiten Teil des Moduls „Literaturvermittlung“ dar. Der Schwerpunkt wird auf den unterschiedlichen Genres der Literaturvermittlung im Internet liegen, insbesondere der Präsentation von Literatur, der – auch audiovisuellen – Berichterstattung über literarische Ereignisse und der Literaturkritik, die jeweils nach Möglichkeit zugleich praktisch eingeübt werden sollen. Wir wollen hierbei die Möglichkeiten der digitalen Lehre optimal nutzen und die Kritiken der Studierenden wenn möglich in multimedialer Form (etwa als Videoessays oder Podcasts) erarbeiten.
Ein zweiter Schwerpunkt des Seminars wird in diesem Semester auf der der Diskussion über den Einfluss von Algorithmen/Künstlicher Intelligenz auf kulturelle Geschmacksbildung liegen. Dazu gehört zum einen die Frage, welche Rolle bei der Geschmacksbildung Empfehlungen über Social Media und vor allem algorithmische Empfehlungen (etwa bei Amazon, aber auch auf Plattformen wie Spotify) spielen. Zum anderen soll auch diskutiert werden, ob und inwiefern solche Empfehlungen einen Einfluss auf die Produktion von Literatur haben könnte – gerade auch im Sinne einer zunehmend globalisierten Literatur. Zur Behandlung dieser Fragen werden wir in voraussichtlich drei bis vier Sitzungen mit der Veranstaltung „Buch und Internet“ des Kollegen Prof. Dr. Christoph Bläsi aus der Buchwissenschaft zusammenarbeiten, die glücklicherweise zeitgleich abgehalten werden kann. Hierbei soll ein Austausch zwischen den Implikationen dieser Fragestellungen auf den Buchmarkt (Buchwissenschaft) und auf die Produktion von Literatur bzw. die Rolle der Literaturkritik stattfinden.

 

S Vom Volksmärchen zum Folk Horror (MA Modul Intertextualität und Vertiefung)

S. Seiler

2-std., Mi, 14 – 16 Uhr, P 104

Beginn: 14. April 2021

In den letzten Jahren ist sowohl im Film als auch in der Literatur ein Revival des so genannten ‚Folk Horror‘ zu beobachten – auch wenn dieser Terminus sich erst seit jüngstem als Genre-Begriff etabliert hat. Davon zeugen nicht nur erfolgreiche, weil das Horror-Genre transzendierende Filme wie Midsommar von Avi Aster oder The VVitch und The Lighthouse von Robert Eggers, sondern auch Romane wie The Loney von Michael Andrew Hurley oder die Kurzgeschichtensammlung Burn The Witch von Tom Cox, die in der Tradition des jüngst mit einer neuen, ausführlichen deutschen Edition geehrten Paten des literarischen Folk Horror, Arthur Machen, stehen.
Zum einen basieren die hierbei dargestellten Fiktionen auf den alten Volksmärchen, zum anderen auf Mythen und Legenden aus einer archaischen, vormodernen Zeit, in der die Beseeltheit der Dinge (im Adornoschen Sinne) noch nicht, wie heute, für eine Verstörung beim Leser/Zuschauer gesorgt hat. Im besten Falle stellen sie dabei den Konflikt dar, den ein Eindringen der modernen Welt in eine kultisch organisierte Gemeinschaft auslöst, deren heidnisch-okkulte Rituale aus Sicht des modernen Menschen unheimlich und verstörend wirken. So werden im Folk Horror Märchen oder Mythen neu inszeniert und in einen (post)modernen Diskurs gesetzt – und es ist die hieraus entstehende Reibung, welche den Reiz des Genres ausmacht.
Im Seminar wollen wir Texte aus dem Bereich des historischen Folk Horrors (zu dem auch Märchen wie Hänsel & Gretel oder Rumpeltstilzchen gehören) sowie Filme und Romane der zeitgenössischen Ausprägung nicht zuletzt auch medienkomparatistisch untersuchen.
Geplant ist hierzu eine partielle Zusammenarbeit mit der Veranstaltung „Filmgeschichte als Genregeschichte“ von PD Dr. Marcus Stiglegger vom Institut für Film- und Medienwissenschaft in zwei oder drei Sitzungen.
Eine Literatur- und Filmliste wird in der vorlesungsfreien Zeit zur Verfügung gestellt.

S Dramenverfilmungen (MA Modul Intermedialität und Vertiefung)

F. Zipfel

2-std., Di, 16 – 18 Uhr, SB II 03-144

Beginn: 13. April 2021

Literaturverfilmungen sind ein klassisches Untersuchungsfeld sowohl der Filmwissenschaft wie auch der intermedialen Literaturwissenschaft. Nicht selten stehen in der Adaptionsforschung jedoch die Verfilmungen von erzählenden Texten (besonders von Romanen) im Vordergrund. Außer vielleicht zu Shakespeare-Verfilmungen gibt es wenig Forschung zu den spezifischen Bedingungen, Merkmalen oder Formen von Dramenverfilmungen. Dabei stellen sich im Hinblick auf die Verfilmung von Dramen zum Teil ganz andere Fragen als im Hinblick auf die filmische Adaption von Erzähltexten. Fragen der Kürzung des Originals spielen ein weniger zentrale Rolle, allerdings bleibt die Frage, ob die Originaldialoge verwendet werden. Zudem kann fragen, ob Dramenverfilmungen freier sind, weil sie nicht an Äußerlichkeiten von Figuren, Räumen oder Orten gebunden sind, die in Romanen oft ausführlich beschrieben werden, in Nebentexten von Dramen jedoch zumeist offengelassen werden. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob dem Dramencharakter des Theatertextes, der ja immer als Grundlage für eine Theatervorstellung bestimmt ist, bei der Verfilmung (z. B. durch eine besondere Art der Theatralität) Rechnung getragen wird oder nicht. Zudem ergeben sich aus den Produktionsvoraussetzungen unterschiedliche Arten von Dramenverfilmungen abhängig davon, ob die Adaption auf einer realen Theaterinszenierung beruht oder unabhängig davon oder aufgrund einer Drehbuch-Bearbeitung des Dramentextes durchgeführt wird. Im Seminar werden möglichst unterschiedliche Arten von Dramenverfilmungen analysiert und diskutiert mit dem Ziel die besonderen Eigenschaften von filmischen Adaptionen von Theatertexten herauszuarbeiten und gegebenenfalls zu klassifizieren.
Eine Vorschlagsliste von Dramenverfilmungen für das Seminar folgt im Laufe des Januar.

 

S Narration und Narratologie (MA Modul Literaturtheorie und Vertiefung)

F. Zipfel

2-std., Di, 12 – 14 Uhr, P 101

Beginn: 13. April 2021

Erzählen ist „ein Phänomen, dessen Bedeutung weit über den Bereich der Literatur hinausgeht, es bildet ein wesentliches Element für unser Verständnis der Wirklichkeit. Von dem Zeitpunkt an, da wir in der Lage sind, Wörter zu verstehen, bis zu unserem Tod sind wir beständig von Erzählungen umgeben, zunächst in der Familie, dann in der Schule, dann bei der Begegnung mit anderen Menschen und schließlich durch unsere Lektüre“ (Michel Butor). Zur Allgegenwart des Erzählens tragen heute wohl zudem Comics, Filme, Videos oder Computerspiele bei. Wegen der Bedeutung des Erzählens in Leben, Literatur und Kunst wird das Phänomen inzwischen breit und interdisziplinär erforscht. In der Literaturwissenschaft können die letzten fünfzig Jahr ohne Zweifel als das große Zeitalter der Erzähltheorie bezeichnet werden: Seit Genettes bahnbrechendem Discours du récit (1972) hat die Erzähltheorie sich zur internationalen Zentraldisziplin der Literaturwissenschaft entwickelt. Dabei werden die zentralen Kategorien der klassischen literaturbezogenen Erzähltheorie weiterentwickelt, auf andere Gattungen (Lyrik, Drama) und auf andere Medien/Kunstformen (Film, Theater, Videospiel usw.) adaptiert, oder auch grundsätzlich kritisiert und revidiert (z. B. Erzählerstimme, Fokalisierung, Metadiegese). Zudem differenziert sich die Narratologie immer weiter aus, so dass sich inzwischen vielfältige Ausprägungen herausgebildet haben, u.a. interkulturelle, feministische oder gender-orientierte, postkoloniale, kognitive, ökologische, digital-orientierte Erzähltheorie. Im Seminar soll anhand von einzelnen theoretischen Texten sowohl das komplexe Phänomen des Erzählens untersucht wie auch die neueren Spielarten der Erzähltheorie analysiert, diskutiert und auf ihre Anwendbarkeit hin überprüft werden.
Zur Einführung und Einstimmung: Ryan, Marie-Laure: „Narration in Various Media“. In: Hühn, Peter et al. (eds.): the living handbook of narratology. Hamburg. http://www.lhn.uni-hamburg.de/article/narration-various-media; Meister, Jan Christoph: „Narratology“. In: Hühn, Peter et al. (eds.): the living handbook of narratology. Hamburg. http://www.lhn.uni-hamburg.de/article/narratology

 

S Literatur im digitalen Raum: Formen, Praktiken, Orte (MA Modul Vertiefung)

A. Gilbert

2-std., Mo, 10 – 12 Uhr

Beginn: 12. April 2021

Das Seminar reagiert auf die erneut außergewöhnliche Lehrsituation in diesem Semester, indem es nicht nur sich selbst in den digitalen Raum verlegt, sondern eben diesen digitalen Raum und das sich dort abspielende literarische Leben zum Gegenstand macht. Das Seminar erkundet neue Formen, Praktiken und Orte der Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur im Digitalen und erschließt auf Streifzügen diesen dicht besiedelten, extrem diversifizierten und äußerst dynamischen Raum. Wir lesen InstaPoetry, abonnieren Twitterbots, verfolgen ein kollektives Schreibprojekt, analysieren das Match „Mensch gegen Maschine“ beim Übersetzertag, vertiefen uns in einen Roman in Emoji, begutachten die ersten literarischen Versuche künstlicher Intelligenz, schauen bei Streamern rein, recherchieren die Bestseller auf Selfpublishing-Plattformen. Unsere Erkundungen werden dabei nicht allein von der Frage bestimmt, wie sich Literatur und literarische Kommunikation im digitalen Zeitalter verändern, sondern auch von dem Imperativ, dass im Digitalen auch unser Begriff von Literatur eine Öffnung erfahren muss.

 

S Vom Close Reading zum Distant Reading (MA Modul Vertiefung)

A. Gilbert

2-std., Mo, 12 – 14 Uhr

Beginn: 12. April 2021

Um der unüberschaubaren Menge an Literatur gerecht werden zu können, für deren Lektüre unsere Lebenszeit niemals ausreichen wird, und um eine Philologie der Weltliteratur betreiben zu können, die diese Bezeichnung wirklich verdient, will der Stanforder Literaturwissenschaftler Franco Moretti dem gewohnten close reading weniger kanonischer Texte eine Form von distant reading zur Seite stellen, bei der der Computer für uns ‚liest‘. Versprochen wird nicht weniger, als dass sich über die computergestützte Lektüre und Analyse möglichst vieler literarischer Texte völlig neue Erkenntnisse über die Literatur gewinnen ließen.
Im Seminar werden wir dieses Versprechen auf den Prüfstand stellen: Wir werden Repositorien digitalisierter Texte und Basics im Umgang mit großen Textmengen kennenlernen sowie elementare Tools und Methoden wie den N-gram Viewer, die Netzwerkanalyse, Voyant Tools, Konkordanzen etc. einsetzen und kritisch bewerten lernen. Das Seminar soll dabei Antworten geben auf Fragen wie: Können Computer auf der Grundlage von Worthäufigkeiten erkennen, welcher literarischen Gattung ein Text angehört bzw. was eine bestimmte Gattung auszeichnet? Kann man mit Netzwerkanalysen tatsächlich neue Erkenntnisse über die Figurenkonstellationen und Plots von Dramen gewinnen? Kann man mithilfe der Stylometrie endlich die Frage entscheiden, ob Shakespeare wirklich alle ihm zugeschriebenen Dramen geschrieben hat? Und können bzw. müssen wir im Anschluss daran tatsächlich die globale Literaturgeschichte neu schreiben?

 

S Zwischen Independent Publishing und Vanity Press: Expedition in die Welt von Books on Demand (MA Modul Vertiefung)

A. Gilbert

2-std., Mi, 10 – 12 Uhr

Beginn: 14. April 2021

Im Seminar stellen wir uns der Frage nach den Strukturen und Konstellationen, die die Vervielfältigung und Distribution von Literatur ermöglichen – jedoch nicht am Beispiel großer Leuchtturm- und Publikumsverlage, sondern am Beispiel einer alternativen Form des Publizierens: des Selbstverlags mittels Print on Demand (PoD). Dabei handelt es sich um ein digitales Druckverfahren, das die Buchwelt revolutioniert hat, weil es Kleinstauflagen bis zu einem Exemplar erlaubt. Gedruckt wer-den diese Bücher erst, wenn tatsächlich jemand ein Exemplar bestellt. Damit sinkt das verlegerische Risiko, es eröffnen sich neue Spielräume und Geschäftsfelder außerhalb des Bestsellersegments, insb. der Fachbuchmarkt und Nischentitel profitieren. Die zweite Zielgruppe neben den Verlagen bilden Autor*innen, denen PoD Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung bei gleichzeitiger Minimierung finanzieller Risiken, weltweiter Distribution und kurzen Produktionszeiten verspricht. Das macht die selbstverlegte PoD-Publikation zu einem niedrigschwelligen Angebot für Jedermann, führt aber auch dazu, dass PoD als Hort der Vanity Press verrufen ist. Zugleich entdecken immer mehr Akteure aus der Subkultur und Independent-Szene PoD als subversive Publikationsstrategie, mit der man dem Establishment in Buch- und Literaturwelt den Kampf ansagen kann. Im Seminar werden wir uns diese Parallelwelt(en) zum ‚normalen‘ Buchmarkt und Literaturbetrieb genauer anschauen.

 

S The Bookish Text: Zur Materialität der Literatur (MA Modul Vertiefung)

A. Gilbert

2-std., Mi, 12 – 14 Uhr

Beginn: 14. April 2021

Das ‚Ende des Buchs‘ wurde schon oft ausgerufen. Paradoxerweise lässt sich jedoch gerade im digitalen Zeitalter eine Rückkehr zum analogen Medium beobachten: Unter den veränderten medialen Ausgangsbedingungen kommt es zu einer (ästhetischen) Neuentdeckung des gedruckten Buchs, das sich im Mediengefüge der Gegenwart neu positionieren muss. Man spricht sogar schon von einer neuen „aesthetics of bookishness“. Es häufen sich Buchwerke wie Danielewskis House of Leaves oder J.J. Abrams’/Doug Dorsts S., die die spezifischen Eigenschaften und Möglichkeiten des gedruckten Buchs künstlerisch fruchtbar machen und gezielt in ihr literarisches Konzept einbeziehen, so dass Text und Buch eine untrennbare Einheit bilden.
Diese Form der „Liberature“ kann auf eine sehr lange Tradition zurückschauen und auch der Philologie gelten spätestens seit dem materialturn die materielle Verfasstheit und das graphische Erscheinungsbild eines literarischen Werks grundsätzlich als potentiell bedeutsames Interpretament. Im Seminar werden wir uns mit dem Handwerkszeug einer materialitätsbewussten Philologie literarischen Werken von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (von Tristram Shandy über Kater Murr und Un coup de dés bis hin zur russischen Avantgarde und Zettel’s Traum) annähern, deren Autor*innen die Materialität und Gestalt ihrer Texte nicht als kontingenten, sondern als konstitutiven Aspekt ihrer Werke betrachten.