Proseminare und Seminare Wintersemester 2021/22

Hinweis: Die Zugehörigkeit der Lehrveranstaltungen zu den einzelnen Modulen des B.A.-Studiengangs Komparatistik/Europäische Literatur, des M.A.-Studiengangs Komparatistik und des M.A.-Studiengangs Weltliteratur ist durch Kurztitel der Module nach den Lehrveranstaltungstitel angegeben.

PROSEMINARE

PrS Einführung in die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (BA Modul Einführung)

F. Rauh

2-std., Mi, 14 – 16 Uhr, GFG 02-617

Beginn: 20. Oktober 2021

Die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft bildet die theoretische und methodologische Grundlage für das Studium der europäischen Literatur. Das Seminar bietet eine Einführung in die für dieses Studium grundlegenden Fragestellungen und Themengebiete. Hierzu gehören u.a. Grundlagen der Textanalyse und des Vergleichs, die Unterscheidung literarischer Gattungen, die Erforschung der Beziehungen zwischen Texten (Intertextualität) sowie Übersetzungsvergleich und Übersetzungstheorie. In diesen Untersuchungsgebieten werden anhand der Lektüre und Untersuchung ausgewählter Textbeispiele aus der europäischen Literatur Grundkenntnisse vermittelt, die im Laufe des Studiums vertieft werden.

 

PrS Einführung in literaturwissenschaftliches Arbeiten (BA Modul Einführung)

P. Jakob

2-std., Mo, 14 – 16 Uhr, P 106

Beginn: 18. Oktober 2021

Im Seminar werden grundlegende Kenntnisse zum „Handwerkszeug“ der Literaturwissenschaft vermittelt. Hierzu gehören: Aufbau und Funktion unterschiedlicher Editionen von literarischen Texten, Umgang mit Nachschlagewerken und Handbüchern, Auffinden (Bibliographieren) und Verwenden (Zitieren) von wissenschaftlicher Literatur zu einem Thema, Einführung in wissenschaftliche und literarische Zeitschriften, Einführung in die schriftliche (Hausarbeit) und mündliche (Referat) Präsentation der Ergebnisse literaturwissenschaftlicher Untersuchungen. Die gesamten Themenbereiche werden am Beispiel klassischer Texte der europäischen Literatur erarbeitet und konkretisiert.

 

PrS Grundbegriffe der Textanalyse (BA Modul Grundbegriffe)  

A. Zehler

2-std., Mi, 10 – 12 Uhr, P 205

Beginn: 18. Oktober 2021

Die Grundlage jeder wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Literatur ist die Analyse literarischer Texte. Unterschiedliche Gattungen erfordern dabei spezifische, auf die jeweilige Textsorte abgestimmte Instrumentarien. In der Literaturwissenschaft wurden für die drei Großgattungen Lyrik, Drama, Erzählen jeweils eigene Analyse- und Beschreibungskategorien entwickelt. Im Seminar wird ein Überblick über die unterschiedlichen Beschreibungskategorien für die Analyse von lyrischen, dramatischen und erzählenden Texten in vergleichender Perspektive am Beispiel klassischer Texte der europäischen Literatur erarbeitet.

 

PrS Literaturwissenschaftliche Modelle und Methoden (BA Modul Grundbegriffe)  

J. Heß

2-std., Di, 12 – 14 Uhr, SB II 01-511

Beginn: 19. Oktober 2021

Literarische Texte können nach verschiedenen theoretischen Vorgaben und Methoden interpretiert und eingeordnet werden. Diese literaturwissenschaftlichen Methoden und ihr theoretischer Hintergrund (bspw. Hermeneutik, Rezeptionsästhetik, Formalismus, Psychoanalyse, Strukturalismus, Poststrukturalismus, Marxismus, Gender Studies, usw.) sollen im Seminar eingehend behandelt, erprobt und diskutiert werden. Dies geschieht anhand ausgewählter literarischer Beispieltexte, die von verschiedenen Theoretikern mit unterschiedlichen Methoden untersucht und interpretiert wurden. Ziel des Seminars ist eine gute Kenntnis der verschiedenen Untersuchungsmodelle sowie die Fähigkeit, ihre Anwendbarkeit kritisch einschätzen zu können.

 

PrS Internationalität (Lektürekurs) (BA Modul Internationalität)

F. Zipfel

2-std., Di, 16 – 18 Uhr, P 7

Beginn: 19. Oktober 2021

Zum Studium der Komparatistik gehört eine möglichst breite Kenntnis der europäischen Weltliteratur, insbesondere ihrer kanonischen Texte. Ziel des Lektürekurses ist es, solche Klassiker der europäischen Weltliteratur intensiv zu lesen und sie insbesondere im Hinblick auf ihre intertextuellen Bezüge und Wirkungen zu diskutieren. Im Mittelpunkt stehen einige ausgewählte Werke sämtlicher Gattungen und Epochen, die der Mainzer Leseliste für Komparatisten und Komparatistinnen entnommen wurden (vgl. Dieter Lamping; Frank Zipfel: Was sollen Komparatisten lesen?).
Folgende Texte werden in dieser Reihenfolge behandelt:
• Ovid: Metamorphosen (gut zugänglich in der Prosa-Übersetzung von Gerhard Fink);
• Shakespeare: Twelfth Night or What you Will;
• Tirso de Molina: El burlador di Sevilla (Don Juan);
• Jean Racine: Phèdre (Phädra);
• Emily Brontë: Wuthering Heights (Sturmhöhe)
• Gustave Flaubert: Madame Bovary;
• H. Ibsen: Vildanden (Die Wildente);
• Anton Tschechow: Višnëvyj sad (Der Kirschgarten);
• I. Svevo: La coscienza di Zeno (Zenos Gewissen)
• V. Woolf: Orlando;
• S. Beckett: En attendant Godot (Warten auf Godot)
Da während des Semesters die Zeit für die Lektüre längerer Texte knapp werden kann, sollten diese (zum Teil) bereits in den Semesterferien gelesen werden, vor allem Ovid, Brontë, Flaubert, Svevo und Woolf.

 

 

SEMINARE

S Literarische Unbestimmtheit: Vieldeutige, rätselhafte und schweigende Texte (BA Modul Internationalität)

M. Wiesmann

2-std., Mi, 16 – 18 Uhr, P 108

Beginn: 20. Oktober 2021

In der europäischen Literatur begegnen uns seit dem späten 19. Jahrhundert vermehrt Texte, die sich unseren Verständnisversuchen auf verschiedene Weise widersetzen. Statt eine schlüssige Geschichte zu erzählen oder eine klare Botschaft zu kommunizieren, wecken sie vielfältige Vorstellungen, enthalten entscheidende Informationen vor, verstricken sich in Widersprüche oder präsentieren sich in einer fast sinnentleerten Sprache. Dabei kommt eine Vielzahl von Mitteln zum Einsatz, beispielsweise Leerstellen, Antithesen und kühne Metaphern. Aber warum verrätseln Autor*innen ihre Texte? Eine Antwort auf diese Frage lautet, dass sich mit Unbestimmtheit ein besonderes Erkenntnispotenzial verbindet. Theodor W. Adorno zufolge ist Kunst gerade aufgrund ihrer Rätselhaftigkeit dazu in der Lage, "zu sagen, was nicht sich sagen läßt". Diese Überzeugung findet sich in ähnlicher Form schon in der Romantik und im Symbolismus und lässt sich heute durch Erkenntnisse der Neuro- und Kognitionswissenschaft untermauern. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstehen allerdings Texte, die in so radikaler Weise unbestimmt sind, dass sie uns förmlich anschweigen. Die Suche nach Sinn scheint in ihnen endgültig ins Leere zu laufen - und gerade das macht sie für Denker*innen der sogenannten Postmoderne interessant. Im Seminar werden wir die verschiedenen Formen literarischer Unbestimmtheit anhand ausgewählter Texte der modernen europäischen Literatur untersuchen und Theorien diskutieren, die sie zu erklären versuchen.

 

S Der Autor als Kulturvermittler: Germaine de Staël und Heinrich Heine (BA Modul Internationalität)

W. Eckel

2-std., Di, 10 – 12 Uhr, P 13

Beginn: 19. Oktober 2021

Germaine de Staël und Heinrich Heine sind zwei Autoren, die sich im 19. Jahrhundert intensiv um den deutsch-französischen Kulturaustausch verdient gemacht haben, insbesondere auf dem Feld der Literatur und Philosophie. Beide engagieren sich für die jeweils eigene nationale Kultur, suchen diese aber jeweils durch Anregungen von jenseits des Rheins zu befördern. Sie haben sich im Nachbarland lange aufgehalten und dessen Kultur genau beobachtet. Beide sind so in einem präzisen Sinn internationale Autoren. Während de Staël ihren Landsleuten insbesondere bestimmte Aspekte deutscher Literatur und Kunst zum Vorbild empfahl, sah Heine in Frankreich vor allem in politischer Hinsicht ein Modell, an dem Deutschland lernen könne.
Im Zentrum des Seminars stehen die Lektüre und Diskussion von de Staëls komparatistischem Klassiker „De l’Allemagne“ (1813/14) sowie der Pariser Schriften Heines („Französische Maler“, „Französische Zustände“, „Lutetia“, „Die Romantische Schule“, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“ u.a.) aus den 1830er Jahren.
Bollacher, Martin, „Die Pariser Prosa: Frankreich und Deutschland“, in: Heinrich Heine. Epoche – Werk – Wirkung, hg. von Jürgen Brummack, München 1980, S. 140-202; Geyer, Paul, „Mme de Staël ,De l’Allemagne‘ als Gründungsmanifest einer Vergleichenden Europäischen Literatur- und Kulturwissenschaft“, in: Deutschlandbilder aus Coppet. Zweihundert Jahre ,De l'Allemagne‘ von Madame de Staël, hg. von Anja Ernst und Paul Geyer, Hildesheim, Zürich, New York 2015, S. 97-126; Stauf, Renate, „Schreiben zwischen den Nationalkulturen: Heinrich Heine“, in: Handbuch Literatur & Transnationalität, hg. von Doerte Bischoff und Susanne Komfort-Hein, Berlin, Boston 2019, S. 279-288; Wehle, Winfried, „,De l’Allemagne‘ – ein Buch über Frankreich oder: Von der ästhetischen Erziehung des Menschen“, in: Deutschlandbilder aus Coppet. Zweihundert Jahre ,De l’Allemagne‘ von Madame de Staël, hg. von Anja Ernst und Paul Geyer, Hildesheim, Zürich, New York 2015, S. 161-177.

 

S Seminar zu historischen und theoretischen Aspekten der Literaturvermittlung (BA Modul Literaturvermittlung)

J. Heß

2-std., Do, 16 – 18 Uhr, P 7

Beginn: 21. Oktober 2021

Das Seminar führt in die Theorie, Geschichte und Gegenwart der Literaturkritik ein und bereitet auf das praktische Seminar im Sommersemester vor. Dabei sollen einerseits zentrale Begriffe wie 'Kritik' oder 'Rezension' geklärt sowie auf die spezielle Rolle des literaturkritischen Essays eingegangen werden. Andererseits soll eine breite Auswahl an literaturkritischen Texten gelesen und analysiert werden, vom 18. Jahrhundert bis hin zu Sonderfällen wie etwa User-Rezensionen aus dem Internet.

 

S Metafiktion und Metalepse (MA Modul Intertextualität und Vertiefung)

W. Eckel

2-std., Di 16 – 18 Uhr, P 103

Beginn: 19. Oktober 2021

Metafiktionales Erzählen lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Erzählvorgang selber. Es ruft ins Bewusstsein, wie sehr sich die erzählte Welt eben dem Akt des Erzählens verdankt, wie sehr sie eine fiktive oder gemachte ist. Dabei kommt immer wieder eine bestimmte Figur, die Metalepse, zum Einsatz: In ihr werden Grenzen, die für das Erzählen für gewöhnlich grundlegend sind – Grenzen zwischen verschiedenen Erzählebenen, zwischen dem Text und anderen Texten, zwischen Realität und Fiktion, zwischen der Welt des Autors und seinen Figuren, zwischen der Welt des Textes und der des Lesers –, gezielt überschritten und gerade dadurch bewusst gemacht. Die Illusion, die das Erzählen aufbaut, wird immer wieder durchbrochen. Zugleich aber wird der Illusionsbruch oft in einer umfassenderen Illusion aufgefangen. In historischer Hinsicht werden Metafiktion und Metalepse gerne mit der Postmoderne in Verbindung gebracht, sie sind aber sehr viel älter.
Im Zentrum des Seminars soll die genaue Lektüre und erzähltechnische Analyse von Texten sein, in denen der Zusammenhang von Metafiktion und Metalepse genauer beobachtet werden kann. Zur Diskussion stehen (ganz oder in Auszügen): Homer, Odyssee; Miguel de Cervantes, Don Quijote; Laurence Sterne, Tristram Shandy; Denis Diderot, Jacques le fataliste; John Fowles, The French Lieutenant’s Woman; Italo Calvino, Se una notte d’inverno; Woody Allen, The Purple Rose of Kairo u.a.
Patricia Waugh: Metafiction. The Theory and Practice of Self-conscious Fiction, London 1984; Gérard Genette, Métalepse. De la figure à la fiction, Paris 2004; Janine Hauthal et al. (Hg.): Metaisierung in Literatur und anderen Medien. Theoretische Grundlagen – Historische Perspektiven – Metagattungen – Funktionen, Berlin 2007; Julian Hanebeck, Understanding Metalepsis. The Hermeneutics of Narrative Transgression, Berlin, Boston 2017.

 

S Literarische Reportage (MA Modul Interkulturalität und Vertiefung)

F. Zipfel

2-std., Do, 16 – 18 Uhr, P 6

Beginn: 3. November 2021

Literarisches und journalistisches Erzählen erscheinen auf den ersten Blick inkompatibel. Während die Reportage sich den publizistischen Regeln des Tatsachenbezugs, der unverfälschten Informationsvermittlung, der Wertungsfreiheit und Objektivität verpflichtet weiß, erscheinen die Kennzeichen literarischen Erzählens, insbesondere Fiktionalität und ästhetische Gestaltung, diesen Regeln oft entgegengesetzt. Desungeachtet hat sich die Gattung der literarischen Reportage entwickelt, teilweise aus der Auseinandersetzung von Schriftsteller:innen mit journalistischem Schreiben, teilweise weil Journalist:innen sich dezidiert der Mittel literarischen bzw. fiktionalen Erzählens bedienen. Zudem ist die Reportage eine Gattung, die sich nicht selten mit inter- und transkulturrellen Vermittlung beschäftigt: So versuchen Reportagen aus unbeachteten Lebensbereichen oder aus fernen Ländern, Leser:innen mit fremden Kulturen bekannt zu machen und Interesse für sie zu wecken sowie die Differenzen zwischen Eigenem und Fremdem auszuloten. Gegenstand des Seminars ist literarischer Journalismus aus und über unterschiedliche Kontinente und Kulturen von Anfang des 20. Jh. bis zu heutigen neuen Formen digitaler multimedialer Reportagen ist. Diskutiert werden sowohl die ästhetischen Gestaltungsmittel der Reportage zwischen faktualem und fiktionalem Erzählen wie auch ihr Potential für die Thematisierung kultureller Diversität. Vorgesehen sind u.a. Texte von Egon Erwin Kisch, Truman Capote, Gabriel García Márquez, Hans Magnus Enzensberger, Ryszard Kapuściński, Marie-Luise Scherer, Ilija Trojanow, Julie Zeh.
Zur Lektüre im Vorfeld empfohlen: E. E. Kisch: Der rasende Reporter und T. Capote: In Cold Blood.

 

S Das Okkulte in der Literatur (MA Modul Intertextualität und Vertiefung)

S. Seiler

2-std., Di, 10–12 Uhr, P 205

Beginn: 19. Oktober 2021

Das Okkulte übt schon mehrere Jahrhunderte eine große Faszination auf Schriftsteller*innen aus. Auch jenseits des Horrorgenres, in dem das Okkulte ja seinen angestammten Platz hat, wurden in Texten verschiedenster Gattungen und Epochen immer wieder okkulte Motive verarbeitet, nicht zuletzt auch aufgrund persönlicher Erfahrungen der Autor*innen. Die Transgression bildet in der Beschäftigung mit dem Okkulten dabei seit jeher ein zentrales Motiv, sei sie moralischer, sexueller oder rein intellektueller Natur. Aber auch konkretere Praktiken wie Schwarze Messen, Geisterbeschwörungen, das Glorifizieren einer heidnischen, vom Glauben an Naturgeister beherrschten Vergangenheit oder ganz einfach nur die Evokation des Unheimlichen etwa durch die Bezugnahme auf jenen archaischen Geisterglauben spielen hierbei eine wichtige Rolle. Im Seminar soll es daher gerade nicht darum gehen, Texte aus der Gattung der Schauer- oder Horrorliteratur zu lesen, sondern vielmehr nach okkulten Motiven in Texten zu suchen, in denen sie nicht in eine genretypische Handlung eingebettet sind, so etwa in den Werken von Oscar Wilde, Christian Kracht, Fernando Pessoa, Roberto Bolano oder Mariana Enriquez, um nur einige wenige zu nennen. Auch ein Blick auf das Okkulte im Film soll dabei geworfen werden. Nach Möglichkeit wird zur Vertiefung im Seminar der eine oder andere Gastvortrag stattfinden.
Empfohlene Literatur:
Zur Vorbereitung sei ein Blick in Thomas Knoefels 2019 erschienene, umfangreiche Studie Okkultes Brevier empfohlen.

 

S Text und Film (MA Modul Intermedialität und Vertiefung)

S. Seiler

2-std., Fr, 12–14 Uhr, P 105

Beginn: 22. Oktober 2021

Im Seminar soll die besondere Beziehung zwischen Text und Film aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und gemeinsam mit den Studierenden untersucht werden, inwieweit sich Text im Film repräsentieren lässt. Der Textbegriff wird dabei insofern weiter gefasst, als dass sich die Beispiele nicht auf reine Literaturverfilmungen oder auch freiere Adaptionen beschränken, sondern auch experimentelle Versuche einschließen, Text im Film zu repräsentieren, etwa durch reine Abbildung (wie in zahlreichen Filmen Peter Greenaways) oder durch Andeutung (etwa in der Nouvelle Vague). Hierbei sollen auch filmästhetische Aspekte eine Rolle spielen, wie etwa die Arbeit mit Ton und Schnitt. Zuletzt sollen auch Versuche, Film in Text zu verwandeln, diskutiert werden, wie es zuletzt bei Quentin Tarantinos nachgeschobenen „Tie-In“-Roman zu seinem Film Once Upon A Time In Hollywood der Fall war.

 

S Verlagstypen: Nach- und Raubdrucke der Literaturgeschichte (MA Modul Vertiefung)

A. Gilbert

2-std., Mi, 12–14 Uhr, P15

Beginn: 20. Oktober 2021

Im Seminar beschäftigen wir uns mit einer ‚alternativen‘ Form des Verlegens: dem Raub- bzw. Nachdruck, den es seit Erfindung des Buchdrucks gibt. Schon Luther beschwerte sich über die Nachdrucke, die seine Bibelübersetzung entstellten. Einen Höhepunkt in der deutschen Literaturgeschichte erreichten Nachdrucke im 18. Jahrhundert, was neben anderen geschichtlichen Entwicklungen zur Kodifizierung des Urheberrechts führte, wie wir es heute noch kennen. Wir beginnen mit einem Blick in die Anfänge bei Dürer und Luther und widmen uns dann mit Klopstock und Goethe der Blütezeit des Nachdrucks im 18. Jahrhundert, wie ihn etwa Trattner und Himburg in ihren Verlagen perfektioniert haben. Dann machen wir einen Sprung zu den Raubdruckaktivitäten der 1968er Studentenbewegung, die v.a. Titel zu kritischer Theorie, Psychoanalyse, Marxismus, Sozialismus und von Wilhelm Reich, Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Walter Benjamin, Herbert Marcuse, Georg Lukács im Programm hatte und aus der Verlage wie Maro, merve und Edition Nautilus hervorgegangen sind, die es heute noch gibt. Wir beschließen das Seminar mit einem Block zu Spielarten des Raubdrucks in der Gegenwart. Neben urheberrechtlichen und urheberrechtsgeschichtlichen Fragen (Fichte, Kant) werden uns auch die Technik des Buch- und des Matrizendrucks, der typographischer Kreislauf, Doppeldrucke, Zwitterdrucke, fingierte Verlage und Fragen der Distribution beschäftigen.

 

Ü Dimensionen des Lesens: Auf dem Index. Von Schreib-, Druck-, Lese- und anderen Verboten (MA Modul Vertiefung)

A. Gilbert

2-std., Mi, 8–10 Uhr, P207

Beginn: 20. Oktober 2021

Zensur hat eine vielhundertjährige Geschichte. Stellte sie im frühneuzeitlichen Europa den ‚Normalzustand‘ dar, ist sie erst seit der Aufklärung eindeutig negativ besetzt. Der Blick in die Geschichte zeigt aber auch: Zensur funktioniert sehr oft nicht. Schon am berühmten Index librorum prohibitorum, der 1559 erstmals erschien und erst 1966 vom Papst abgeschafft wurde, zeigt sich das hermeneutische Paradox jeder Zensurmaßnahme: Verbote üben einen magischen Reiz aus, sie machen das Inkriminierte nur interessanter, weshalb der Index von manchen erst recht als besondere Leseempfehlung verstanden wurde. Auch die publikumswirksamen Bücherverbrennungen und Bücherhinrichtungen durch Henkershand vergangener Jahrhunderte – Ausdruck der damnatio memoriae (des gezielten Löschens der Erinnerung an Personen, Ereignisse, Werke) – bewirkten eher das Gegenteil, sonst wüssten wir heute nicht mehr davon. Dies war der Grund, dass man im 19. Jahrhundert dazu überging, die Zensur möglichst unsichtbar zu machen, indem man etwa staatlicherseits verbot, dass die Zensur in den Druckwerken Spuren in Form von Lücken, Einschwärzungen, Strichen hinterlässt. Perfektioniert wurde dies in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts – wir werden uns beispielhaft mit dem staatlichen Zensursystem der DDR beschäftigen. Außerdem werden wir am Beispiel des ‚Giftschranks‘ in Bibliotheken Orte des Überlebens verbotener Werke erkunden sowie Strategien, der Zensur zu entgehen, sei es über Tarnschriften und Bücherschmuggel oder über Pseudonyme und Anonyme, fingierte Druckorte und Verlage. Geschichte und Programm des wichtigsten europäischen Verlags dieser Couleur (Pierre Marteau/Peter Hammer, Köln) werden wir uns näher anschauen. Wir beschließen das Seminar mit einer Diskussion zeitgenössischer Ausprägungen von ‚Zensur‘, die sich nicht mehr allein auf staatliches oder kirchliches Handeln zurückführen lassen, und zwar am Beispiel von Rassismus im Kinderbuch, des an Maxim Billers Roman Esra ausgetragenen Konflikts zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht sowie der zunehmend automatisierten Kontrolle durch Algorithmen, Bots und Internetkonzerne.