Konzeption

Die Ereignisse des 11. September markieren unzweifelhaft eine Zäsur in ästhetischen und theoretischen Diskursen der westlichen Welt. Die sozio-politische Umbruchsituation spiegelt sich in direkter oder codierter Form in Kunst und Theoriebildung wider. Nicht nur die künstlerische Darstellung von Gewaltphänomenen wird durch die allgegenwärtigen Bilder und die traumatische Erfahrung des Terrors herausgefordert, auch theoretische Denkmodalitäten werden neu verhandelt. Dabei wird 9/11 nicht immer direkt zum Thema von Theoretisierungen oder künstlerischen Manifestationen. Das Datum wird vielmehr häufig verschwiegen, umgangen oder nur unterschwellig behandelt. Gemeinsam ist den direkten oder codierten Auseinandersetzungen mit 9/11, dass sie für künstlerische wie theoretische Diskurse einen Einschnitt bedeuten. So lassen sich im künstlerischen Bereich (Literatur, Film, Musik) neue Formen im Umgang mit Gewalt und Terror ausmachen. Im Bereich der Theorie wird interkulturelle und postkoloniale Kommunikation neu überdacht: Konsensuelle Kulturtheorien wie Hybridität werden durch konfliktuelle Denkfiguren wie dem zuvor häufig abfällig kommentierten und als überholt angesehenen „Kampf der Kulturen“ (Huntington) in Frage gestellt.
Das Symposion wendet sich an Film-, Kultur-, Literatur-, Medien-, Musik- und TheaterwissenschaftlerInnen. Die Beiträge sollen – im Gegensatz zu vergleichbaren Projekten zum Thema – weniger ein Inventar der konkreten künstlerischen Repräsentation des Ereignisses erstellen, sondern die Zäsur in Diskursen und Metadiskursen beschreiben. Auf welche Art und Weise wird die Art des theoretischen Denkens beeinflusst und wie schlägt sich dieses veränderte Denken in Kunstdiskursen nieder? In welchem Verhältnis stehen westliche und muslimische Diskurse zueinander? Lassen sich Gegensätze und Antagonismen ausmachen, ist die Wahrnehmung des Ereignisses in unterschiedlichen Weltregionen unterschiedlich oder lässt sich die kulturelle Zäsur von 9/11 in einem weltweiten Interdependenzgeflecht von begreifen?