Hauptseminare Wintersemester 2020/21

Hinweis: Die Zugehörigkeit der Lehrveranstaltungen zu den einzelnen Modulen des B.A.-Studiengangs Komparatistik/Europäische Literatur, des M.A.-Studiengangs Komparatistik und des M.A.-Studiengangs Weltliteratur ist durch Kurztitel der Module nach den Lehrveranstaltungstitel angegeben.

Wintersemester 2020/21

Ob und in welchem Ausmaß die Lehrveranstaltungen des Wintersemesters 2020/21 in Präsenz oder digital stattfinden, ist im Moment noch nicht abzusehen.

HS Odysseus in der Weltliteratur (BA Modul Vergleichende Europäische Literaturgeschichte)

W. Eckel

2-std., Do, 10 – 12 Uhr, SB II 03-436

Beginn: 5. November 2020

Odysseus gehört zu den Figuren der antiken Mythologie, die durch die Jahrhunderte eine erstaunliche Wandlungsfähigkeit bewiesen haben: Ist er für Homer der verschlagene Kriegsteilnehmer und Abenteurer, der nach einer zehnjährigen Irrfahrt endlich nach Ithaka zurückkehrt, macht Dante aus dem Heimkehrer einen erkenntnishungrigen Seefahrer und Proto-Kolumbus, der von Rückkehr an den Ursprung nichts wissen will und mit einem schon ganz neuzeitlichen Pathos entschlossen ins Unbekannte aufbricht. Joyce transformiert das Heroische ins Alltägliche und setzt Odysseus als zeitgenössischen „Everyman or Noman“, dessen Parcours von der sich vollendenden Kreisbahn Homers wie von Dantes Bewegung ins Offene gleichweit entfernt bleibt, in eine moderne Großstadt. Bis heute reißen die Neugestaltungen des Stoffs nicht ab.
Das Seminar will einige prominente literarische Texte der Odysseus-Tradition vorstellen; wichtige philosophische Deutungen der Figur sollen mit einbezogen werden; auch auf Darstellungen der bildenden Kunst soll ein Seitenblick geworfen werden. Zur Diskussion stehen Texte von Homer, Vergil, Dante, Alfred Tennyson, James Joyce, Luigi Malerba, Ernst Bloch, Horkheimer/ Adorno, Margaret Atwood, Christoph Ransmayr, Zachary Mason u.a.
Die „Odyssee“ Homers und der „Ulysses“ von Joyce sollten zu Semesterbeginn gelesen sein.
Andreae, Bernard: Odysseus. Archäologie des europäischen Menschenbildes, Frankfurt a.M. 1982; Fuchs, Gotthard (Hg.): Lange Irrfahrt – große Heimkehr. Odysseus als Archetyp – zur Aktualität des Mythos, Frankfurt a.M. 1994, S. 59-80; Schmitz-Emans, Monika, Entwürfe des Odysseus in der Moderne, in: Bernd Effe u.a. (Hg.): „Homer zweiten Grades“. Zum Wirkungspotential eines Klassikers, Trier 2009, S. 285-316; Stanford, William B.: The Ulysses Theme. A Study in the Adaptability of a Traditional Hero, Oxford, Second Edition 1963 (zuerst 1954).

 

HS „Die Welt, die meine war“ – Literatur über die 70er Jahre (BA Modul Vergleichende Europäische Literaturgeschichte)

S. Seiler

2-std., Do, 14 – 16 Uhr, BKM SR 07

Beginn: 5. November 2020

Das Seminar knüpft inhaltlich an die Vorlesung vom Sommersemester 2020 an, in der ein Überblick über Literatur und Kultur der 1970er Jahre gegeben wurde. Nun soll es um zeitgenössische Texte (und auch Filme) gehen, die jenes Jahrzehnt zum Thema haben; häufig in Form autobiographischer, oft auch nostalgischer Berichte, in denen die Erinnerung an die kulturellen, politischen und sozialen Gegebenheiten jener Zeit im Mittelpunkt stehen. Im Vergleich der Texte miteinander soll untersucht werden, inwieweit man von einer Art kollektiver Erinnerung an die 70er Jahre sprechen kann, die sich aus zahlreichen subjektiven Berichten zusammensetzt und so ein in der retrospektiven Betrachtung neues Licht auf die Dekade wirft.
Eine Literaturliste wird noch in der vorlesungsfreien Zeit zur Verfügung stehen. Ein Besuch der Vorlesung „Die 70er Jahre“ ist keine inhaltliche Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar.

 

HS Autor und Erzähler (MA Modul Theorie der Literatur, Theorien und Poetiken der Weltliteratur und Vertiefung)

F. Zipfel

2-std., Di, 12 – 14 Uhr, NatFak 01 114

Beginn: 3. November 2020

Der Autor – verstanden als eine der Grundinstanzen der literarischen Kommunikation – hatte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Literaturwissenschaft ein wechselvolles Schicksal. Aus mehreren Richtungen wurde die Relevanz des Konzepts in Frage gestellt und schließlich wurde er für Tod erklärt. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts jedoch wurde von mancher Seite die Rückkehr des Autos eingeläutet und inzwischen scheint er literaturwissenschaftlich rehabilitiert. Dafür gerät das Konzept des Erzählers immer mehr unter Beschuss. Gegen die These der klassischen Narratologie, dass keine Erzählung ohne Erzähler vorstellbar ist, wird inzwischen die These vertreten, dass es unsinnig sei, für literarische Erzählungen, in denen keine explizite Erzählerfigur auftritt, eine solche anzunehmen. Im Seminar werden neuere Diskussionsbeiträge zu den Konzepten des Autors und des Erzählers diskutiert und anhand der Analyse von Erzählungen aus unterschiedlichen Epochen im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Interpretation literarischer Texte überprüft. Hierbei sollen sowohl Positionen einer spezifisch literaturwissenschaftlichen wie auch einer transmedialen, auf andere Kunstarten (wie z. B. Film) bezogenen Narratologie zur Sprache kommen.
Literaturhinweise: Jannidis, F. u.a. (Hg): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart 2000; Janndis, F. u.a. (Hg): Rückkehr des Autors. Zu Erneuerung eins umstrittenen Begriffs. Tübingen 1999; Detering, H. (Hg): Autorschaft. Positionen und Revisionen. Stuttgart 2002. Sowie die Einträge zu „narrator“ und „author“ im Living Handbook of Narratology [http://www.lhn.uni-hamburg.de/].