Lehrveranstaltungen

Variationen einer Gattung: Vom ‚klassischen‘ Kriminalroman über den modernen ‚Anti-Kriminalroman‘ zu postmodernen Spielarten der Gattung“

Dozent:innen: Univ.-Prof. Dr. Irina Rajewsky
Kurs-Nr.: 05.861.490
Kurstyp: Hauptseminar

Inhalt

Der Kriminalroman lässt sich als das wohl erfolgreichste Subgenre des Romans überhaupt bezeichnen und erfreut sich sowohl im englischsprachigen Raum als auch z.B. in Frankreich und Italien (aber auch weit hierüber hinaus) seit Langem besonderer Beliebtheit. Schon früh zeigten sich Loslösungsbestrebungen des Genres vom Etikett der ‚Trivial-‘ oder ‚Konsumliteratur‘; spätestens mit Texten der 1940er/1950er Jahre (u.a. Borges, Gadda, Dürrenmatt) ist es auch in der Gesamtwahrnehmung des literarischen Felds zunehmend zu einer ‚hohen Gattung‘ avanciert. In der Folge ist der Kriminalroman zu einem höchst produktiven Experimentierfeld für epistemologische, ethisch-moralische wie auch erzähltheoretische Fragestellungen geworden, mit einem (ersten) Höhepunkt in den experimentellen Schreibweisen und dem sog. ‚Anti-Kriminalroman‘ der 1950er bis 1970er Jahre, um schließlich ab Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre und bis in die 1990er Jahre hinein zum bevorzugten Ort für eine postmodern-spielerische ‚Rückkehr zum Erzählen‘ und eine ironische Dekonstruktion des Genres selbst zu werden.

Im Seminar wird die skizzierte Entwicklung anhand ausgewählter Primärtexte aus dem europäischen und US-amerikanischen Raum nachgezeichnet, spezifiziert und diskutiert (mit Ausblicken auch auf jüngere Entwicklungen der Gattung). Neben der literaturhistorischen Verortung der hier zum Tragen kommenden „Variationen einer Gattung“ wird dabei ein besonderes Augenmerk auf den Funktionen und je werkspezifischen Funktionalisierungen der hiermit einhergehenden Verfahren liegen, zu denen insb. auch der Umgang mit (und das Aufbrechen von) Gattungs- und Erzählkonventionen gehört. Wie wir sehen werden, ergeben sich hier in der vergleichenden Betrachtung der einschlägigen Texte einerseits durchaus erhebliche Unterschiede – dies zumal mit Blick auf die verschiedenen Phasen der Gattungsentwicklung –, andererseits aber auch auffällige Ähnlichkeiten im transnationalen bzw. transkulturellen Vergleich, auf deren Basis sich nicht zuletzt verschiedene Auffassungen eines ‚postmodernen Erzählens‘ diskutieren und schärfen lassen. Zugleich ist die Gattung des Kriminalromans aufgrund ihrer relativ eng umgrenzten ‚Regeln‘ besonders dazu geeignet, literatursystematische Fragen aufzuwerfen (Gattungsbegriff usw.) und grundsätzliche erzähltheoretische Problemstellungen zu diskutieren. Sie bietet insofern auch eine hervorragende Grundlage, um den Umgang mit erzähltheoretischen Modellen und Kategorien und verwandten Problemstellungen (Fiktionalität, Intertextualität, Autoreflexivität usw.) weiter einzuüben und vertiefend zu reflektieren.

Textgrundlage:
Als bekannt vorausgesetzt werden die ‚klassischen‘ Konventionen und Gattungsmuster des Kriminalromans, wie sie im „PS Gattungstheorie“ behandelt wurden. Vorbereitend sollten zudem ein paar der ‚Klassiker‘ gelesen sein: insb. Edgar Allan Poes „The Murders of the Rue Morgue“ (1841) (ergänzend gerne auch „The Purloined Letter“ (1844)), mit der Figur des C. Auguste Dupin, sowie mindestens ein Roman Arthur Conan Doyles mit der Figur des Sherlock Holmes, wobei hier insb. The Hound of the Baskervilles (1901/02) empfehlenswert wäre. Auch die Kenntnis mindestens eines ‘klassischen’ Agatha Christie-Krimis (mit der Figur des Hercule Poirot) wäre hilfreich.

Im Rahmen des Seminars werden folgende Texte relevant:

  1. Jorge Luis Borges, „La muerte y la brújula“ (dt.: „Der Tod und der Kompass“; Kurzgeschichte von 1942 (wird in Moodle bereitgestellt);
  2. Friedrich Dürrenmatt, Der Richter und sein Henker (1950/51);
  3. Luigi Malerba, Salto mortale (1968/dt.: Salto mortale, 1971);
  4. Umberto Eco, Il nome della rosa (1980/dt.: Der Name der Rose, 1982 und öfter, zuletzt: 2022) mit ergänzender Lektüre von Agatha Christies And Then There Were None (1939, zunächst unter dem Titel Ten Little Niggers publiziert);
  5. Jean Echenoz, Cherokee (1983dt.: Cherokee, 1988);
  6. Paul Auster, City of Glass (1985; erster Teil der sog. New York Triology);
  7. Antonio Tabucchi, Il filo dell’orizzonte (1986/dt.: Der Rand des Horizonts, 1997 [11988]).

Etwaige weitere Primärtexte werden zu Beginn des Semesters mit den Studierenden abgesprochen. In Bezug auf Friedrich Dürrenmatt könnten (zumal für ein etwaiges Referat) sehr gerne auch seine beiden weiteren Kriminalromane gelesen werden, die sich nach und nach zunehmend von den ‚klassischen‘ Genrekonventionen entfernen, d.h. Der Verdacht (1953) und Das Versprechen (1957).

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
24.10.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
31.10.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
07.11.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
14.11.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
21.11.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
28.11.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
05.12.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
12.12.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
19.12.2023 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
09.01.2024 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
16.01.2024 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
23.01.2024 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
30.01.2024 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
06.02.2024 (Dienstag) 12:15 - 13:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude